KÖNIGSWEGE ZUM PFERD

Entwicklung für Mensch und Tier
Ich verstehe Ausbildung als Entwicklungsweg für Mensch und Pferd gleichermaßen. Im Mittelpunkt meiner Arbeit steht immer ein sich möglichst natürlich und daher gesund bewegendes Pferd und ein Mensch, der sich ebenso bewegt und dabei mit Klarheit, Feingefühl und Leichtigkeit führt. Dabei geht es mir um Freude an gemeinsamer Bewegung, unabhängig von Ausbildungsstand oder Reitweise.
Ausbildung begreife ich als umfassende Körperarbeit für das Pferd. Sie dient seiner Gesunderhaltung oder Gesundung und seiner Resilienz gegenüber Verletzungen. Zentrale Elemente meiner Arbeit sind unter anderem die Schulung der Schulterbalance, das Heben des Brustkorbs, eine funktionale Hinterhandaktivität oder das Formen des Pferdes in verschiedenen Silhouetten. Dabei geht es nie um Lektionen um ihrer selbst Willen, sondern darum, Bewegungen bewusst, fein und funktional zu gestalten. Höhere Lektionen entstehen aus der Befähigung des Pferdes, sich in Abstimmung mit den Reiterhilfen geschmeidig,
kraftvoll und selbstverständlich zu bewegen.
Pferd und Mensch beeinflussen sich permanent gegenseitig. Haltung, Bewegung, Atmung, Emotionen und mentale Prozesse stehen in ständiger Wechselwirkung. Ausbildung begreife ich daher als Form von Körperarbeit für beide mit dem Ergebnis von physischem und psychischem Gleichgewicht, Wohlbefinden und Einklang.
Ich arbeite ganzheitlich und ressourcenorientiert und berücksichtige sowohl die Möglichkeiten des Pferdes als auch die des Menschen. Exterieur, Interieur, Ausbildungsstand und Tagesform des jeweiligen Pferdes fließen ebenso ein
wie die Befindlichkeit des Menschen.
Seit 2003 beschäftige ich mich intensiv mit verschiedenen Strömungen der klassischen Dressur, alternativen Reitweisen, unterschiedlichen Konzepten von Horsemanship und verschiedenen Formen von gymnastizierender Arbeit Longen-, Boden- , Hand- und Freiarbeit. Ich stelle mir bei allen Ansätzen stets Frage, welche Ausbildungsinhalte dem Pferd helfen, sich gesund und tragfähig zu bewegen.
Biomechanisch sinnvolle Bewegung in fairem und feinen Kontakt steht im Zentrum meiner Arbeit. Dass jede Einheit dem Pferd gut tut, lässt sich im Anschluss an geeigneten Kriterien ablesen: in Tonus und Prominenz der Muskulatur, physiologischer Atmung, Position von Brustkorb, Beinen, Schweif, Stellung der Gelenke, Abstand der Dornfortsätze sowie in Ausdruck (Augen, Nüstern) tensegraler Aufspannung und Silhouette.
Zu Beginn steht immer die Verfeinerung der Wahrnehmung: Was kann ich überhaupt fühlen, sehen und hören? Wie unterscheiden sich Heben und Absinken des Brustkorbs, Losgelassenheit und Spannung, Vorhandlastigkeit oder Tragkraft der Hinterhand, Schulterbalance oder Schiefe? Welche Bewegungen sind funktional? Welche dysfunktional? Aus der Schulung von Wahrnehmung und Analysefähigkeit und dem Wissen um dessen ausbildungsbezogene Relevanz entsteht Handlungskompetenz für sinnvolle Einwirkung.
Der Sitz und die daraus resultierende Einwirkung spielen eine entscheidende Rolle: Ich unterstützen Reiter*innen darin, ein dynamisches-funktionales Gleichgewicht zu finden, aus dem sich die Hilfengebung natürlich ergibt. Als Psychologin weiß ich, dass der menschliche Körper mentale Vorgänge in minimale Muskelaktivität umsetzt. Genau diese feinsten Bewegungen verstehen die Pferde als klare Hilfen. Ich arbeite deshalb mit inneren Bildern, präzisem Körperbewusstsein, Atmung und äußerst sanfter begründbarer Hilfengebung. Wenn der Mensch versteht, was er fühlt und weiß, wie er mit Körper, Atmung und inneren Bildern wirkt, kann er Einwirkung bewusst gestalten.
Ich arbeite reitweisenunabhängig und verstehe mich als Spiegel und Übersetzerin zwischen Mensch und Pferd. Ich analysiere, mit welchen Methoden, Reitweisen und Konzepten Mensch und Pferd bisher gearbeitet haben, was bereits gut funktioniert, wo es in der Ausführung hakt und wo eine andere Herangehensweise zum empfehlen ist. Ob FN-orientiert, klassisch-barock, akademisch oder aus anderen Schulen – ich nehme Ihre Reitweise als Rahmen innerhalb dessen Sie sich fortentwickeln, hin zu biomechanisch korrekter Bewegung und exzellenter Kooperation zwischen Ihnen und Ihrem Pferd, hin zu mehr Leichtigkeit und Freude. Vermeintlich schlichte Korrekturen in Gewichtsverteilung, Atmung, Aufrichtung oder Ausgestaltung der Hilfengebung bewirken tiefgreifende Veränderung beim Pferd. Ich mache die feinen Reaktionen des Pferdes für den Menschen spürbar und sichtbar. So wächst die Fähigkeit, Zusammenhänge zu erkennen, zu bewerten und gezielt zu beeinflussen.
Wenn sich Pferd und Mensch in vollkommenem Einklang miteinander bewegen, entsteht Flow: ein psychologisch bedeutsamer Zustand fokussierter Leichtigkeit, der mit körperlicher und seelischer Balance verbunden ist. Man kann ihn nicht erzwingen, aber man kann den Weg dorthin verstehbar, erlernbar machen,
ihn lehren und immer wieder herstellen.
